Macht dauerhaft reisen glücklich?
In mir leben zwei Seelen, eine davon sagt mir immer wieder: “Dein Leben zu Hause in einer tollen Stadt, mit Bergen und Seen vor der Haustüre und Familie und Freunden in deiner Nähe ist ziemlich gut. Du hast den Luxus, in einem guten und spannenden Job genug Geld zu verdienen und das zu finanzieren was dir Spaß macht – gerade auch das Reisen!” Diese Stimme hat recht: man sollte auch mal dankbar sein, für das, was man hat und nicht immer nach mehr schreien. Aber die andere, vom Reisefieber infizierte Seele meldet sich mal mehr mal weniger laut zu Wort: “Es gibt so viel in der Welt zu entdecken! Zieh los! Reisen ist Leben!” Ich bin also fast immer hin und her gerissen zwischen meinem schönen Zuhause und meinem Drang nach Freiheit und Abenteuer.
Nachdem ich gerade von einer langen Reise zurückgekehrt bin und mein Leben zu Hause neu sortiere, passt der Aufruf zur Blogparade “Glückssuche: 9 to 5 leben oder den Job kündigen und ab in die Welt?” von Tanja auf ihrem Blog Reiseaufnahmen gerade genau in meine aktuelle Gedankenwelt. Ich habe alle diese Phasen bereits mitgemacht und stehe gerade wieder an dem Punkt, an dem ich darüber nachdenke, welches Leben mich glücklich macht.
Job kündigen und ab in die Welt
Genau das habe ich Anfang dieses Jahres getan: Ich habe meinen Job nach fast 5 Jahren gekündigt, um für mehrere Monate durch Südamerika zu reisen. 2014 bin ich bereits in einem 3-monatigen Sabbatical durch Thailand, Neuseeland und Australien gereist, danach bin ich direkt in meinen alten Job und mein altes Leben zurückgekehrt. Aber das Fernweh hat kaum nachgelassen, also reifte in mir schnell der Plan, meinen Job aufzugeben und eine weitere lange Reise zu planen. Und ich habe es bisher nie bereut: Die Südamerika Reise ist eines der besten Dinge, die ich je gemacht habe! Fremde Kulturen erleben, viel Zeit in der Natur verbringen, neue, gleichgesinnte Leute kennen zu lernen – diese Erfahrungen sind unbezahlbar.
Da meine Ersparnisse natürlich nicht unbegrenzt sind und ich bei aller Abenteuerlust immer einen Rest Sicherheitsbedürfnis habe, plante ich bereits vor Abflug meinen Rückflug von Bogotá nach Madrid, um dort zur Hochzeit einer sehr guten Freundin zu gehen. Auch wenn ich mich während der Reise immer wieder auf das Nachhausekommen, auf Familie und Freunde gefreut habe, fiel mir der Abschied von Südamerika und vom Reiseleben unglaublich schwer. Am liebsten hätte ich meinen Rückflug storniert oder mir zumindest von Madrid gleich wieder einen Flug zurück nach Bogotá gebucht. Aber ich bin bei meinem ursprünglichen Plan geblieben und schließlich heim nach München geflogen.
Meine aktuelle Situation: Heimkehrer Blues
Man unterschätzt oft, wie schön auch Heimkommen sein kann. Als mein Flieger auf dem Landeanflug die Münchner Innenstadt mit der Isar überquerte, ging mir schon das Herz auf. Ich bin mitten im schönsten Sommerwetter angekommen, konnte mich an der Isar oder den umliegenden Seen sonnen und mich mit Freunden im Biergarten treffen. Und das beste: ich hatte meine eigene Wohnung und vor allem mein eigenes Bad wieder. Nach 5 Monaten in Hostels ist das ein Luxus, den ich sehr zu schätzen weiß!
Aber nach der ersten Wiedersehensfreude, wenn die Frage “Was war dein Reise-Highlight?” durch “Was machst du jetzt eigentlich?” abgelöst wird, setzt er ein, der Heimkehrer Blues. Der Alltag hat mich wieder: Jobsuche, ein Freelancer Job, um das Konto wieder aufzufüllen. Und ich frage mich: Das war’s jetzt? 5 Monate mit unglaublichen Erfahrungen sind einfach so vorbei? Nur noch ein kurzer Lebensabschnitt, eine Erinnerung, die langsam verblasst? Die Leute um mich herum haben ihr Leben weiter gelebt, sie können die Erlebnisse und Veränderungen, die man auf so einer Reise durchläuft, kaum nachvollziehen. Nach dem Höhenflug knallt man irgendwann wieder auf den Boden der Tatsachen. Und ich muss entscheiden: Wie soll mein Leben weitergehen?
Dauerhaft reisen oder zurück zum 9 to 5 Job?
Für mich geht es tatsächlich bald wieder zurück zum 9 t0 5 Job. Oder eher 9 to 7… Bei den interessanten Jobs muss man sich leider meistens auch überdurchschnittlich reinhängen. Wenn also jemand weiß, wie das mit 9 to 5 wirklich funktioniert, sagt es mir! Ich habe in den letzten Wochen sehr viel darüber nachgedacht, wie meine Zukunft aussehen soll. Meine Wohnung aufgeben und als digitale Nomadin leben wie Carina von Pink Compass oder Sabrina von Just One Way Ticket? Mit meinen Online Marketing Kenntnissen wäre das gar nicht so abwegig. Aber meine Zelte zu Hause einfach abbrechen, kann ich nicht. Vielleicht bin ich nicht mutig genug, um ein komplett neues Leben auszuprobieren. Vielleicht ist es aber auch einfach nicht der richtige Weg für mich. Ich möchte mit meiner Familie und Freunden nicht immer nur über Skype sprechen, ich will für meine Nichte eine Bezugsperson sein und sie aufwachsen sehen. Als Freiberufler mein Glück versuchen? Aber hat man damit wirklich mehr Freiheit und Freizeit? Freiheit vielleicht, Freizeit könnte noch schwieriger werden als im Angestelltenverhältnis. Letztendlich habe ich mich jetzt doch entschieden, ein gutes Jobangebot anzunehmen.
Die Rückkehr ins sesshafte Leben löst bei mir gemischte Gefühle aus: Einerseits freue ich mich auf die neue Herausforderung, denn ich denke, ich habe wieder einen Job gefunden, bei dem ich sehr gut eigene Ideen verwirklichen kann und in einem tollen Team arbeite. Auf der anderen Seite verschiebt sich in solchen Jobs die Work-Life-Balance leider schnell sehr stark in Richtung Work. Aber das wird sich alles zeigen, wenn es so weit ist. Irgendwann bin ich vielleicht tatsächlich so weit, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen.
Und das Reisefieber?
Meinen Drang nach der großen weiten Welt muss ich im Moment ein bisschen im Zaum halten. Am Wochenende Ausflüge zu den Seen der Umgebung, Wandertouren in den Bergen machen, einen Städtetrip oder auch mal meine Heimatstadt München aus anderen Perspektiven kennen lernen. Die nächste größere Reise liegt gerade noch in undefinierbar weiter Ferne, aber sie kommt bestimmt. Als mehrwöchiger Urlaub oder vielleicht sogar einmal wieder als längere Auszeit. Ich denke, mein ideales Lebensmodell sieht folgendermaßen aus: festes oder freiberufliches Arbeiten hier in München, aber mit der Möglichkeit immer wieder eine Auszeit von 2 oder 3 Monaten zu nehmen, als Sabbatical oder unbezahlter Urlaub. Die Mischung aus Reisen und Heimkehr macht es für mich, irgendwann wird nur Reisen schließlich auch zum Alltag. Es gibt viele Wege zwischen dem kompletten Nomadenleben und der Sesshaftigkeit, und Glück muss jeder für sich selbst definieren und finden.
[…] Simone von Just Travelling weiß, jeder muss sein Glück selbst definieren. Nach einer langen Reise, geht es jetzt zurück ins 9 to 5 Leben. Als digitale Nomadin leben möchte sie nicht, lange Reisen schließt sie dennoch nicht aus. […]
Die Idee klingt doch nicht schlecht. Immer wieder mal für eine längere Zeit weg. Aber eigentlich das Leben da leben wo Familie und Freunde sind. Und deine Nichte aufwachsen zu sehen ist mit Sicherheit eine der Reisen die du am Ende nicht verpassen möchtest.
Wenn es gut geht darf sie irgendwann ja mal mitkommen auf eine etwas längere Reise und kann von deiner Erfahrung profitieren.
Gruß, Max von fortgefahren.tv
Schöner Beitrag und schöne Gedanken dazu. Ich breche in 2 Wochen zu meiner großen Reise auf. Rückflug hab ich aber auch bereits für Juni gebucht. Zelte komplett abzubrechen, kommt für mich auch nicht in Frage schließlich habe ich auch Freund und Hund zu Hause. Aber bin schon gespannt, wie das Heimkommen wird und ob ich auch einen Blues erleiden werde.
Alles Liebe Jules
http://www.mabelicious.com